Raum, Figur, Zeichen und Symbol
Der Raum als Thema, weil der Künstler ihn mit seinen Eisenskulpturen formt.
Thaddäus Salcher gerade Eisen wählt, um sich der menschlichen Figur zu bemächtigen, ist kein Zufall. Er stammt aus dem Grödental, hoch oben in Pufels ist er zu Hause und dort entstehen die Werke. Seit einigen Jahren ist sein Material das Eisen, ungewöhnlich, aber doch verständlich für jemanden, der von Holz –Kunst–Tradition umgeben ist. Zwei Schwerpunkte lassen sich in den Arbeiten ausmachen, einerseits die menschliche Figur und ihr inneres Empfinden, anderseits abstrakte Objekte. Eigen ist beiden die starke Reduktion, die Konzentration auf Form, Material und auch Farbe. Rost ist der Ton der Arbeiten, in Bildform, als freistehendes Objekt, als Figur, der Rostton, der sich im Raum behauptet, ihn ergänzt, diesen vielleicht bricht, in der Natur einen Farbakzent setzt. Wichtig dabei, dass diese Skulpturen wie eine Schule des Sehens gelesen und betrachtet werden können. Die Figuren, formal zwar reduziert, zwar figurativ, aber nicht Abbilder, enthalten Momente des Körperlichen, wenn sie zum Beispiel Haltungen einzunehmen scheinen, wie wir sie von menschlichen Körpern kennen. Salcher überwindet einerseits die herkömmliche Idee von Bildhauerei, indem er diesen, seinen Figuren, menschliche Urbilder einschreibt. Festhalten an der Tradition und die Auseinandersetzung mit ihr und die Beherrschung des Handwerks sind die beiden wichtigen Aspekte bei der Formung seiner Menschen. Diese scheinen in sich selbst zu versinken, strahlen innere Ruhe und Geerdetsein aus. Sie erwachsen aus den Sockeln, gehen mit diesen eine Verbindung ein, übertragen die Stille und Ruhe auch auf den Betrachter.. Dass der Künstler sich selbst auch als Maler bezeichnet, kann man vielleicht auch an der Außenhaut dieser Figuren nachempfinden. Kein Gesichtsausdruck, keine aufwühlende Gestik, die sich in dieser äußern würde: Aber doch ist es das Äußere der Figuren, das auf das Innenleben schließen lässt. Schrundig, mit den Spuren der Bearbeitung, stülpen diese Menschen, stehend oder sitzend oder in gebeugter Haltung, auch ihr Innenleben nach außen, ihr Geworfensein, ihre Verletzlichkeit. Es ist Existenzbildhauerei, die auch vieles von uns Menschen erzählt, auch wenn diese ganz auf sich konzentriert scheinen und mit den präzise eingesetzten Mitteln eine kontemplative Wirkung erzeugen. Weder weiblich, noch männlich, nur Körper, mit Betonung der Außenform, so dass jede Störung vermieden wird, das ist typisch für die Figuren des Künstlers.
Dass die klassische Vorstellung und Form von Skulptur in Bewegung geraten und ganz abstrakt werden kann, zeigen die Eisenskulpturen Salchers. Man kann seine freistehenden Gebilde umwandeln, sie haben sich räumlich und auch konzeptuell entgrenzt. Man begibt sich in den Raum dieser Werke, die selbst den Raum erzeugen. Die Inspiration gewinnt der Künstler in erster Linie aus dem Material selbst, wie er betont, aber auch aus Phänomenen der Natur. Mit seinem abstrakten Objekten, wie z.B. im Werk „Resonanz“, beweist Thaddäus Salcher, dass ihm die musikalischen Aspekte in der Bearbeitung der Körper und Formen bewusst ein Anliegen sind. „Meine Formen vergleiche ich mit der Musik. Sie erzeugen, auch, wenn sie Körper sind, Schwingungen“. Es sind also nicht statische Objekte, weil sie den Raum formen, in ihrer gewellten Oberfläche (Werk „Resonanz“) Ruhe und Bewegung in sich tragen. Auch mit unserer Bewegung verändern sich die abstrakten Eisenskulpturen. Eisen wirkt hier leicht, biegt sich im Schwung „Nach Innen“ (Werktitel). Die Objekte können in Form von abstrakten, vertikalen Figuren einfach nur dastehen, schwungvoll die Landschaft brechen, diese sprengen, ergänzen, den Raum verschieben, ihn entheben, ihn durchschneiden, ihn auch zum Tanzen bringen und vor allem eines: neue Räume sichtbar machen. Vieles fällt einem ein, vor diesen Werken, die Titel wie. „Kommunikation“, „Frieden“ tragen. Die zeichenhafte Sprache und die Dominanz der Einfachheit sind entscheidend für die Poetik dieser skulpturalen Objekte, welche sich mit jeder Tageszeit verändern und auch Zeugnis ablegen vom Lauf der Zeit.
Thaddäus Salcher schafft auch Bilder aus Eisen, die von der Decke bis zum Boden reichen. Man kann sie auch als minimalistische Wandplastiken bezeichnen, er löst damit die Skulptur vom Sockel, verwandelt den Raum mit seiner Intervention in ein Gesamtkunstwerk. Auch hier beweist er wieder: „Ich bin Maler und Bildhauer“. Er lenkt damit seine Aufmerksamkeit wieder auf den Raum und verwandelt ihn. Er fordert uns auf, unsere Wahrnehmung zu verstärken, weil man vor diesen „Bildern“ als direkter Betrachter davorsteht. Es geht darum, die einzelnen Besonderheiten des Materials, aber auch die subtilen Zeichen und Formen, die der Künstler entwickelt, wahrzunehmen und auch die schemenhaften menschlichen Figuren als „Seelenbilder“ zu lesen. Und so sind viele Werke Salchers Symbole für unser Sein.
Eva Gratl.